Gastronomie im Umbruch: Wer unternehmerisch denkt, bleibt erfolgreich
Die Pandemie bedrohte einige Existenzen in der Gastronomie und kostete viel Geld, lässt aber auch einiges möglich werden, was sonst undenkbar gewesen wäre. Es sind Pioniergeist und Resilienz, die entscheidend sein können, um am Ende zu überleben. Die beiden EO-Mitglieder und Gastronome Andy Schwarzenbach (Restaurant Hitzberger und heute selbständig mit Blackriver, u.a. in Zürich) und Jürgen Auerbach (Shinsen und MARU, in Zürich) berichten über die aktuellen Herausforderungen in der Gastro-Szene.
Andy Schwarzenbach ging – vor Inkrafttreten der Covid-Hilfen – davon aus, dass es zu einer gewissen Marktbereinigung kommen wird. Er hoffte, dass künftig weniger Gastronomen von gleich grossen Kuchen leben können, was die Situation jedes einzelnen verbessert. Denn vor Corona gab es zu viele Gastronomen, die nach kurzer Zeit wieder schliessen oder zu viel für wenig bis keinen Ertrag arbeiten mussten. Wegen der üppigen Hilfen ist es nun aber kaum dazu gekommen. Daneben betonte Jürgen Auerbach, wie entscheidend es sei in Krisensituationen agil und vorausschauend zu bleiben. Er gründete beispielsweise bereits im Februar 2020 für sein Restaurant und Team die Corona-Task-Force mit wöchentlichen Sitzungen und importierte sofort eigenständig Schutzmasken aus China für Mitarbeiter, diverse Kunden und Partnern.
E-Food zum Überleben
Die Abriegelung in Zürich hatte starke Auswirkungen auf die Kundenbasis von Gastro- Betrieben. Bei Jürgen Auerbach wurden, abgesehen von seinem eigenständigen japanischen Restaurant, die Produkte des Unternehmens immer hauptsächlich von Büroangestellten gekauft. In einer schier unglaublichen Dimensionen haben sich die Restaurants in der Schweiz, in Deutschland oder in anderen Ländern sofort an die neuen Gegebenheiten angepasst. Selbst Sternelokale stellten fest, dass man Essen auch dann liefern kann, wenn es sich nicht nur um Pizza oder Curry handelt.
Auch das Shinsen hat im April 2020 mit einem zweiwöchigen Spring-Projekt den Lieferdienst Bowlz gestartet, der sofort einschlug. Der Unternehmer ging sogar noch einen Schritt weiter: “Wir beherrschen die Digitalisierung und setzen auf Technologie”. Shinsen, ein führender Hersteller und Vertreiber gesunder urbaner und japanischer Lebensmittel in der Schweiz, wurde 1996 mit dem Ziel gegründet, den Zürcher Verbrauchern und Einzelhändlern qualitativ hochwertige Produkte anzubieten. Das Unternehmen setzt eine Reihe von Technologien für sein Lieferkettenmanagement ein, wobei der Schwerpunkt auf der Lebensmittelsicherheit und der schnelleren Auslieferung neuer Produkte liegt. Der Einsatz von ERP-Systemen mit Google Cloud und Wabion macht ihn flexibel, hält die Kosten niedrig, reduziert den Abfall und gewährleistet die Frische. Dank seiner kulinarischen Kompetenz und dem eigenen B2C-Geschäft gepaart mit dem Lieferdienst kann er nun neue Produkte entwickeln und Erproben, bevor sie in den Handel gehen. Normalerweise verschwinden die meisten Produktneuheiten nach ein paar Monaten wieder, bei Shinsen sind die neue Produkte dagegen weit über 50 Prozent erfolgreich.
Nachhaltigkeitsstrategien als Motor
Jürgen Auerbauch und Andy Schwarzenbach sind zwei Visionäre, die in der Nachhaltigkeit schon viel Grundlagenarbeit leisten. Denn Nachhaltigkeit klingt erstmal gut, ist aber anspruchsvoll in der Umsetzung. Bei Andy Schwarzenbach werden biologische Produkte mit regionaler/Schweizer Herkunft oder aus fairem Handel bevorzugt. Ausserdem geht er noch einen Schritt weiter bis zur umweltverträglichen Verpackung und bei der Minimierung von Food Waste. Gemeinsam mit Organisationen wie Too-Good-to-Go arbeitet Andy Schwarzenbach schon seit 2019 erfolgreich zusammen und rettete über 10.000 Tüten Lebensmittel und sparte über 25 Tonnen CO2 ein.
Was für die Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion gilt, hört auch nicht bei den eigenen Mitarbeitern auf. Denn Führung verlangt insbesondere in Krisen die Notwendigkeit für die Mitarbeiter solche Voraussetzungen zu schaffen, das sie erfolgreich sein können und intrinsische Motivation freigesetzt wird, resümiert Jürgen Auerbach.
Unternehmerisches Denken – ein gemeinsames Netzwerk
Für beide Gastro-Unternehmer ist Unternehmertum kein “Sonntagsspaziergang”, sondern wie das Leben mit Höhen und Tiefen verbunden, die es zu akzeptieren und mit offenem Visier zu begegnen gilt. Die Chancen die darin liegen, sind immens. Denn genau so können Trends erspürt, getestet und langfristig Umsätze generiert werden. Das EO Netzwerk spielt für beide eine wichtige Rolle: beide schätzen vor allem den Erfahrungsaustausch zu unternehmerischen, persönlichen und familiären Fragestellungen. EO bildet hier einen bedeutsamen Baustein, indem mit grosser Bereitschaft Wissen und Learning unter bodenständigen Unternehmern weitergegeben wird.